Samstag, 6. Januar 2007

Nabelschau – oder eine Auseinandersetzung mit verschwiegenen Wahrheiten

Was Europa … lähmt, ist die nationale Lebenslüge seiner intellektuellen Eliten. Diese beklagen die gesichtslose Europabürokratie oder den Abschied von der Demokratie und gehen dabei stillschweigend von der völlig irrealen Annahme aus, es gäbe ein Zurück zur nationalstaatlichen Idylle."
Beck, Ulrich (2004). Der kosmopolitische Blick – oder: Krieg ist Frieden. (Frankfurt: Suhrkamp). S. 261.
Der folgende Artikel ist der Versuch, verschwiegene Wahrheiten offenzulegen, über die sonst nur hinter vorgehaltener Hand und in Selbstzensur gesprochen wird und die eine unvoreingenommene Auseinandersetzung mit der Transformation der Schweizer Armee verhindern. Er beabsichtigt, dadurch zu jenem Nullpunkt zu gelangen, von dem aus es möglich ist, Visionen zu formulieren und diesen in machbaren Schritten entgegen zu schreiten. Er will verhindern, dass man der Gefahr eines vorweggenommenen Konsenses erliegt, der sich nur am Hier und Heute orientiert, oder welcher der eigenen Propaganda verfällt und damit ein verklärtes Vergangenheitsbild heraufbeschwört.


Verschwiegene Wahrheit Nr. 1: Loyalität hat Grenzen
Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Loyalität heisst nicht Schweigen!
Gehorsam und Loyalität finden nicht nur dort ihre Grenzen, wo Demokratie und Rechtstaatlichkeit untergraben werden, sondern auch dort, wo offenkundig nicht mehr Sachgeschäfte im Zentrum aller Tatkraft stehen, sondern Gärtchen geschaffen werden, in denen man im stillen Einverständnis Karrieren sät, Nichtangriffspakte schliesst und darüber nachdenkt, wie Querdenker mundtot gemacht werden können. Unzulänglichkeiten sind offenzulegen, auch wenn dies personelle Folgen nach sich zieht. Dilettantismus in militärischen Sachen führt in Echteinsätzen unweigerlich zu Niederlagen und eigenen Verlusten, die zu vermeiden gewesen wären.

Verschwiegene Wahrheit Nr. 2: Nicht Armee- sondern Staatskrise
Die Orientierungslosigkeit in der Militärpolitik als isoliertes Phänomen zu betrachten, verleugnet die Tatsache, dass die Armee nur in gegenseitiger Verstrickung mit allen anderen Politikbereichen zu verstehen ist. Die aktuelle Krise in unserer Armee legt somit lediglich eine umfassendere, alle anderen Politikbereiche umfassende und seit langem schwelende Staatskrise offen:

"Wo das, was ewig und sicher schien, in Bewegung gerät, werden die guten, alten
Wahrheiten um so militanter herausgeputzt. … . Während sich die europäischen
Nationalstaaten verflechten, absorbieren, kombinieren, synthetisieren, regiert die nationale Imagination mehr denn je in den Köpfen, wird zu einem sentimentalen Gespenst, zu einer rhetorischen Gewohnheit, in der die Verängstigten und Ratlosen Zuflucht und Zukunft suchen."
Beck, Ulrich (2004). Der kosmopolitische Blick – oder: Krieg ist Frieden. (Frankfurt: Suhrkamp). S. 261.

Verschwiegene Wahrheit Nr. 3: Eine isolierte Schweiz braucht keine Armee
"Jeder Staat hat eine Armee: entweder die eigene oder eine fremde." Diese Maxime genügt heute als Rechtfertigung nicht mehr und ist Ausdruck eines nationalstaatlichen Selbstverständnisses, das längst der Vergangenheit angehört. Eine Armee aufrechtzuerhalten, nur weil sie gefühlsmässig zum Image des sicheren Bankenplatzes Schweiz beiträgt, ist zu einfach. Die anstehenden Probleme der Schweiz sind untrennbar national und global miteinander verstrickt und können nur in einer Gesamtschau aller Politikbereiche angegangen werden, in welcher strategische Ziele formuliert und auch der Armee ihre Aufgaben zugewiesen werden. Wenn Streitkräfte heute nicht mithelfen, globale Risiken und Bedrohungen zu bewältigen, drohen sie zum Gardisten und somit zu Prunk und Symbol der nationalen Eigenstaatlichkeit zu verkümmern. Sie verlieren somit ihre Funktion als Gewaltbewältiger und damit ihre Daseinsberechtigung oder sie werden mit subsidiären Aufträgen und unrealistischen Verteidigungsaufträgen am Leben erhalten. So gesehen braucht ein Sonderfall Schweiz keine Armee, ein der Völkergemeinschaft verpflichteter und in dieser seine Interessen wahrnehmender Kleinstaat hingegen schon.


Verschwiegene Wahrheit Nr. 4: Das Bedrohungsbild
Das Bedrohungsbild war noch nie so greifbar wie heute. Während im Kalten Krieg die Bedrohungsbilder aus Reglementen und Manöverbildern abgeleitet werden mussten, genügt es heute, sich täglich die Tagesschau am Fernseher anzusehen. Was früher nur von Experten erklärt werden konnte, ist heute für jedermann leicht zugänglich. Warum war es möglich, im Kalten Krieg Panzerabwehrschlachten zu trainieren, ohne deren Eintretenswahrscheinlichkeit für die Schweiz in Frage zu stellen? Warum ist es heute nicht möglich, das viel konkretere Bedrohungsbild im Training zu thematisieren, welches überall auf der Welt in blutigen Auseinandersetzungen erlitten wird? Warum sind wir im vergangenen Worst-Case-Szenario des Kalten Kriegs stecken geblieben? Ist es vielleicht so, dass wir Panzerabwehrschlachten trainieren, weil diese so weit weg von jeder Realität sind, dass sie in die Sphäre des virtuellen Spiels verbannt werden können und somit trainierbar werden, ohne politisch Stellung beziehen zu müssen? Ist es vielleicht so, dass wir in die Sphäre der Subsidiarität flüchten, weil wir dadurch der Armee keine klaren militärischen Aufträge im Konzert aller anderen Politbereiche geben müssen und weiterhin behaupten können, dass unser Land im Herzen Europas immer nur die Auswirkungen der globalen Bedrohung zu bewältigen habe, nicht aber selber deren Ziel werden könnte?


Verschwiegene Wahrheit Nr. 5: Die Schweizerische Neutralität
Neutralität und die damit verbundene Neutralitätspolitik sind das Produkt einer Westfälischen Weltanschauung, die im Zeitalter globaler Interdependenzen und Gefahren der Realität nicht mehr gerecht wird. Der Neutralitätsgedanke als übermächtiger alles bestimmender Faktor einer umfassenden Strategieformulierung ist unweise, ein Schweizerischer Nimbus und dient nur noch der nationalen Identifikation. Zur Lösung der wachsenden globalen Risiken trägt er jedoch nichts bei. Um grösstmögliche staatliche Handlungsfreiheit zu wahren, müssen Staaten kooperieren, internationale Regeln aushandeln und entsprechende Kontrollregime international durchsetzen.


Verschwiegene Wahrheit Nr. 6: Die Kernkompetenz Verteidigung
Das Wort Verteidigung assoziiert Bunker- und Igelmentalität sowie Bewahrung des Status Quo. Indem der Akt der Verteidigung nur im eigenen Staat und ab Landesgrenze vollzogen wird, wird eine Opferrolle suggeriert, welche der Schweiz den Status des moralischen Sauberlands zuspricht (man darf, weil man dazu gezwungen wurde). Der Gegner wird an der Landesgrenze abgewartet und anschliessend im Duell mit einer Strategie der Sprengobjekte und der verbrannten Erde in die Knie gezwungen ("lieber tot als rot").
Das Wort Verteidigung hat in der Schweiz die taktisch / militärische Bedeutung verlassen und wurde im Rahmen der geistigen Landesverteidigung in die Sphäre der sicherheitspolitischen Dimensionen und Dogmen gehoben. Es verwehrt heute jeden kosmopolitischen Blick und damit jede Weiterentwicklung einer Schweiz, die doch in ihrer Geschichte seit jeher erkannt hat, dass Kooperation das machtmaximierende Vorgehen ist (egoistischer Altruismus): So verbündeten sich Talschaften zu Schutz- und Trutzbünden (Eidgenossenschaft), im Ersten und Zweiten Weltkrieg wurden Geheimabsprachen mit Nachbarstaaten geführt und im Kalten Krieg profitierte die Schweiz vom atomaren Schild der USA resp. NATO. Jeder erkennt heute, dass eine symmetrisch geführte territoriale Nationalverteidigung ab Landesgrenze in unserem dicht überbauten Gebiet unsere Lebensgrundlagen zerstört, welche es eigentlich zu schützen gilt.


Verschwiegene Wahrheit Nr. 7: Die allgemeine Wehrpflicht
Die allgemeine Wehrpflicht ist nicht die integrierende gesellschaftliche Klammer, wie dies die geistige Landesverteidigung suggerierte, sondern ist lediglich Garant für eine hochwertige Rekrutierungsbasis. Nur aufgrund der Tatsache, dass kaum 60% aller Wehrpflichtigen diensttauglich sind, auf diese Rekrutierungsbasis zu verzichten, ohne gleichzeitig zu wissen, wohin sich diese Armee und die Schweiz bewegen, ist fahrlässig. Es gibt genügend Beispiele von Staaten, welche zu Berufs- oder Freiwilligenarmeen gewechselt haben und dabei erheblich Einbussen in der Qualität ihrer Soldaten und Kader hinnehmen mussten. Wieso sollte es gerade der Schweizer Armee gelingen, diesen Transformationsprozess besser zum Erfolg zu führen?


Verschwiegene Wahrheit Nr. 8: Das Primat der Politik
Das Primat der Politik ist nicht dem Diktat und Mikromanagement von Politikern gleich zu setzen, sondern ist Zeugnis einer durchdachten, alle Politikbereiche umfassenden Strategieformulierung, an welcher sich die Akteure der operativen Stufe orientieren. Das Primat der Politik existiert nicht nur für Armeeangelegenheiten, sondern durchdringt alle Politikbereiche und deren Koordination bezüglich der Interessen unseres Landes.
Das alles entwaffnende Argument "es ist politisch nicht durchsetzbar" oder "ich kann dies meinen Wählern nicht zumuten" muss ersetzt werden durch klare sicherheitspolitische Vorgaben, welche den militärischen Experten dazu zwingen, machbare, auf die Gesamtstrategie abgestimmte Varianten aufzuzeigen. Dies kann aber nur in einem Klima gegenseitiger Wertschätzung geschehen, in dem sich der militärische Experte bezüglich strategischem Fachwissen und Beharrlichkeit deutlich vom Politiker unterscheidet, dessen militärisches Wissen sich auf eigene Erlebnisse aus seiner Milizdienstzeit beschränkt. Nur so wird es möglich, in Zukunft zu verhindern, dass beispielsweise Rüstungsprogramme zu Fall gebracht werden, nur weil sie aufgrund der fehlenden Gesamtstrategie als militärische Wunschliste in einem politischen Vorgabenvakuum entstanden sind.


Verschwiegene Wahrheit Nr. 9: Subsidiarität
Subsidiarität ist keine militärische Einsatzform, sondern ein Einsatzprinzip. Es regelt das Zusammenspiel verschiedener Mittel im Einsatz und deren Einsatzverantwortung. Subsidiarität hat weder etwas mit Gewalt unterhalb der Kriegsschwelle zu tun, noch bezieht sie sich einseitig auf die Armee. Ob zivile oder militärische Chefs die Einsatzverantwortung tragen, hängt vom jeweiligen Gewaltumfeld, von Operationsplan und Leistungsprofilen der eingesetzten Mittel ab. Die Reduktion unserer Armeeeinsätze auf die beiden Kategorien "tiefes Gewaltspektrum gleich subsidiär" und "hohes Gewaltspektrum gleich Krieg" ist fahrlässig. Tatsache ist, dass der Übergang von einem Gewaltspektrum in ein anderes fliessend ist und lokal gleichzeitig unterschiedliche Eskalationsstufen möglich sind. Gewaltbewältigung lässt sich heute nicht mehr kategorisieren. Es ist die operative Führung, die entscheidet, wer wem subsidiär zugewiesen ist und wo und ob unsere Armee gleichzeitig subsidiär und mit eigenständigen Aufträgen eingesetzt wird. "Helm auf, Krieg beginnt!" gehört ebenso definitiv in die Archive der Geschichte wie die Behauptung, es gebe eine alte, symmetrische Form der Kriegführung und eine neue, asymmetrische Variante.


Verschwiegene Wahrheit Nr. 10: 52 : 2 = 26 genügt nicht
Wie viele Infanteriebataillone braucht die Schweizer Armee, damit AMBA CENTRO über das ganze Jahr hinweg sicher gestellt werden kann? Eine Armeeplanung auf dieses Gedankenspiel zu reduzieren, welches mit Schwergewicht nur aktuelle, subsidiäre Armeeeinsätze im Inland in Betracht zieht, ist verantwortungslos. Es müssen vielmehr die globalen Risiken und Bedrohungen mit ihren möglichen Auswirkungen auf das sozioökonomische Gefüge der Schweiz verstanden werden, damit Wirkung und Zusammenspiel der Gewaltbewältigungsinstrumente in einem Interessenkonflikt vorausgedacht werden können. Erst dann kann man, gestützt auf unsere spezifische kulturelle Erfahrung, die Gegenwart so beeinflussen, dass sich Organisation, Ausbildung und Ausrüstung unserer Armee auf die Zukunft ausrichten. Auf jeden Fall ist zu vermeiden, dass wir uns auf einen Interessenkonflikt der Vergangenheit mit Mitteln von gestern vorbereiten oder gar vergangene Erfolge nachäffen, ohne den veränderten Umständen Rechnung zu tragen.


Verschwiegene Wahrheit Nr. 11: Miles Kosmopolitis
Der Miles Kosmopolitis ist Realität. Im 21. Jahrhundert kann vom Soldaten keine ungeteilte Loyalität gegenüber dem Staat mehr gefordert werden. Staatlich sanktionierte Gewaltanwendung wird auch vom Soldaten im Spiegel öffentlicher Meinung und internationaler Abstützung in ihrer Rechtmässigkeit und Verhältnismässigkeit kritisch hinterfragt. Die Entwicklung dieses neuen Soldatentypen, der schützenswerte Werte und Normen in der Völkergemeinschaft verankert sieht, ist anderswo voll im Gang. Sie wird in der Schweiz behindert durch die selbst auferlegte Einschränkung des mythisch verklärten Neutralitäts- und Verteidigungsverständnisses, durch die Zerrissenheit der Schweizer Politik und die Kunst des Schweigens. Es wäre wünschenswert, wenn der Schweizer Soldat mindestens den Schritt vom Vernichter hin zum Miles Protector[1] machen würde, zu einem Soldaten also, der Schutz als seine Aufgabe begreift und damit wenigstens die Regeln der Verhältnis- und Rechtmässigkeit verinnerlichen müsste. Dieser Miles Protector ist zwingend Voraussetzung für eine spätere Weiterentwicklung zum Miles Kosmopolitis.


Verschwiegene Wahrheit Nr. 12: Armee und Wirtschaft
Die Armee ist kein Betrieb, den man nach rein marktwirtschaftlichen Grundsätzen führen kann. Der Versuch, Parallelen zu einem zivilen Unternehmen zu suchen, führt unweigerlich zur Ausblendung der Einsatzrealität und bleibt immer bei der Ausbildungsorganisation stecken. Welche andere Organisation ausser Streitkräften nimmt die Vernichtung ihrer eigenen Produktionsfaktoren bewusst in Kauf, um die erhaltenen Aufträge zu verwirklichen?


Verschwiegene Wahrheit Nr. 13: Professionalität
Professionalität ist mehr als das Nachgehen einer Vollzeitbeschäftigung. Der Profi ist als einer zu verstehen, der einem höheren Zweck im Dienste der Gesellschaft dient. Er besitzt ein spezifisches Wissen und Können und ist in der Lage, dieses in grössere Zusammenhänge einzubringen, was ihm und seinem Berufstand die Wertschätzung der Gesellschaft sichert.[2]
In unserer Armee mangelt es nicht an der Anzahl von Berufs- resp. Zeitmilitär, sondern an deren Qualität und Professionalität. Diese Tatsache verhindert eine Weiterentwicklung der Armee und ist primär auf die folgenden acht Punkte zurückzuführen:

Haupttriebfeder für die Berufswahl sind gute Bezahlung und Sicherheit. Mit der Möglichkeit von Echteinsätzen wird der Berufsmilitär nur ungenügend konfrontiert. Damit entwickelt sich eine klagende Gewerkschaftermentalität, welche das Tagesgeschäft mit Echteinsatz verwechselt.
Der Berufsmilitär befasst sich zuwenig mit dem Soldatenbild, was die psychologische Auseinandersetzung mit der Realität dieses Berufes verhindert. Der Berufsmilitär unterscheidet sich bezüglich Können zu wenig von der Miliz. Der Berufsmilitär versteht sich primär als Lehrer in Uniform. Die Ausbildung ist das Mass aller Dinge. Unter "Front" wird die Tätigkeit an der Rekrutenschule verstanden. Dieses verheerende Selbstbild des "Kiesgrubeninstruktors" vermittelt den Irrglauben, dass zur Ausübung dieses Berufes keine akademische Ausbildung notwendig sei.
Die in unsere Armee weit verbreitete Ansicht, dass der Führer dieselben fachtechnischen Kompetenzen wie der Geführte zu besitzen habe, führt zu einer undifferenzierten Überbetonung der technischen Ausbildung (maître d'arme).
Daraus resultiert eine ungenügende Führungsausbildung für den Berufsmilitär.
Die gelebte Kultur der falschen oder fehlenden Massstäbe sowie der vorbereiteten Inspektionen führt zu Mittelmass, gegenseitigem Betrügen und Verlust der Berufsethik.
Die fehlende sicherheitspolitische Konzeption verhindert Wertschätzung und die Möglichkeit, das militärische Expertenwissen nutzbringend einzubringen.


Verschwiegene Wahrheit Nr. 14: Führungsausbildung
Die militärische Führungsausbildung schult zuwenig das kritische Urteilsvermögen. Standards, Behelfe und Eselsleitern beschneiden Logik und Kreativität unter dem Deckmantel "im Einsatzstress ist nur das Einfachste gut genug". Noch immer steht das Training im Bereich der Einsatzplanung in einem Missverhältnis zum Training der Einsatzführung. Problemerfassung im Chaos, Entschlussfassung unter Zeitdruck, Steuerung einer Aktion oder permanentes Entwickeln von Sofortmassnahmen und Eventualplanungen sind die erfolgsrelevanten Faktoren der Führung im Einsatz. Sie sind gleichzeitig die Schwächen des Miliz- und Berufskaders.
Die Kunst der Führung liegt in der Fähigkeit, komplexe Situationen auf einen Blick zu erfassen und zu ordnen. Dieser Vorgang erfolgt im Chaos scheinbar intuitiv, ist aber das Ergebnis eines selbstverständlichen intellektuellen Prozesses, welcher auf reicher Erfahrung gründet."
(Regl Einsatz der Infanteriekompanie)


Fazit
Die aktuelle Staatskrise muss als Chance genutzt werden, um eine Kultur der Ehrlichkeit zu etablieren. Reden statt Schweigen ist gefragt. Eigentlich brauchen wir für die Schweiz als isolierten Staat keine Armee, für eine der Völkergemeinschaft verpflichtete Schweiz hingegen schon. Wir müssen lernen, Bedrohungen im globalen Zusammenhang zu erkennen und diesen in einer umfassenden Strategie zubegegnen. Die Armee ist ein Teil des zur Verfügung stehenden Instrumentariums. Um eine Armee zu organisieren, braucht es das Verständnis der sozioökonomischen Zusammenhänge im eigenen Land im Zusammenspiel mit der internationalen Völkergemeinschaft. Die militärwissenschaftliche Erziehung und Ausbildung der Berufsmilitärs hat oberste Priorität: Weg vom Hobby, hin zur Profession. Die Schweiz ist nicht als Sonderfall zu betrachten, nicht als moralisches Sauberland hinzustellen, sondern als normaler Kleinstaat in einer real existierenden Welt zu sehen.

Kontaktadresse der Autoren:

Oberst i Gst Alex Reber
Berufsoffizier
email:
reberalex@bluewin.ch

Maj i Gst Christoph M. V. Abegglen
Berufsoffizier
email:
ch_abegglen@bluewin.ch


Veröffentlicht in einer Sonderbeilage der ASMZ, Oktober 2004


[1] Däniker, Gustav (1992). Wende Golfkrieg: Vom Wesen und Gebrauch künftiger Streitkräfte.
(Frauenfeld: Huber Verlag).
[2] Huntington, S. P. (1957). The Soldier and the State - The Theory and Politics of Civil-Military Relations. (New York: Vintage Books).

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